Schon im September, gar im August, stapeln sich Stollen, Spekulatius und anderes Weihnachtsgebäck in den Supermärkten. Auch die Adventskalender lassen nicht lange auf sich warten und werden dabei auch noch immer kreativer. Früher einmal, es ist noch gar nicht so lange her, da war ein einfacher Kalender, gefüllt mit Schokolade, der Renner. Nun aber gibt es die verschiedensten Varianten: Mit Parfüm, Nagellack oder anderen Kosmetikartikeln, Spielzeug, Alkohol oder ganz und gar kuriosem Kram gefüllt. Die Weihnachtszeit beginnt also heute nicht mit dem ersten Advent, nein mit dem ersten Konsum und das schon sehr früh. Frag sich nur, was bleibt da noch vom Fest?
Sie zerreißt sich nahezu in
zwei Teile, vielleicht in vier, um all den Anforderungen gerecht zu
werden. Zahllose Anrufe, SMS und mündliche Anfragen gehen ein: Was
wünschen die kleinen sich denn zum Fest? Was soll man schenken?
Großer Bruder, Oma und Opa mütterlicher- wie väterlicherseits,
Onkel, Tanten, Patentante, Großonkel, Stiefonkel, die besten Freunde
der Familie. Jeder will wissen, was er schenken soll. Jedem gibt sie
einen Rat. Bis alle Wünsche erschöpft und aufgebraucht sind. Und
was schenkt nun sie?
Hysterisch, verzweifelt und
völlig ratlos rennt sie nun von Geschäft zu Geschäft, um ein
Geschenk für die Kinder zu finden. Doch was schenkt man, wenn schon
alles da ist? Notgedrungen wird es ein Pullover, ein Stofftier –
von dem schon so viele im Haus sind – oder ein Malbuch. Und nun?
Verpacken! Und zwar schnell! Weihnachten steht ja schon bald vor der
Tür. Und es muss noch so vieles anderes erledigt werden!
Der Hausputz! Die ganze Wohnung,
alle Räume wollen auf Vordermann gebracht werden. Der Besuch könnte
sich ja unwohl fühlen im Dreck der Mehrköpfigen Familie. Wischen,
Saugen, Staubwischen, Abspülen, Fenster putzen. Und dann alles
nochmal. Denn der Mann und die Kinder kommen gerade nach Hause. Und
die vergessen natürlich ihre Schuhe auszuziehen, tragen Streusalz in
die Wohnung. Das zerkratzt doch das Parkett! Und lauter Matsch! Bei
dem lauen Klima heutzutage bleibt der Schnee ja nicht lang liegen und
wo er taut muss es irre schlammig sein. Offensichtlich. Die
schmatzenden Geräusche und die feucht glänzenden Rückstände auf
dem frisch gewischten Boden bestätigen es ihr ihr nur. Also schwingt
sie alle sechs Arme, die sie hat und wiederholt die ganze Putztour.
War das alles? Nein! Viele
Münder wollen gestopft werden zum Fest. Und wer kümmert sich darum?
Sie. Sie kümmert sich ja jedes Jahr darum. Man verlässt sich auf
sie. Also rennt sie erneut in die Läden. Diesmal in den Kampf um
Lebensmittel. Der viel zu überfüllte Supermarkt hat aber nicht mehr
viel zu bieten. Wie als stünde eine Hungersnot und Dürrezeit bevor,
räumen die Leute die Regale aus und alles in ihre Einkaufswägen und
Taschen. Mit Mühe und Not ergattert sie noch ein paar brauchbare
Zutaten und reiht sich nach verlorenem Kampf in die schier endlose
Schlange vor Kasse drei ein. Eins und Zwei haben geschlossen.
Wieder Zuhause denkt sie nach.
Hatte sie eigentlich schon gebacken? Ein Weihnachten ohne Plätzchen
wäre unverzeihlich! Wie wären doch die Kleinen enttäuscht! Also
macht sie sich in die Küche und rührt den Teig an, heizt den Ofen
vor. Mitten im Geschehen stellt sie fest, eine Zutat fehlt! Wieder in
den Laden? Nein. Erstmal zum Nachbarn. Vielleicht hat der ja was
übrig. Die Tür wird allerdings von seiner Frau geöffnet, die sie
genervt anstarrt. Was, du willst Zutaten von mir? Scher dich weg,
die brauch ich selbst!, sagt der Blick, den sie auf ihre Frage
erhält. In dem Moment fragt sie sich – wie jedes Jahr -, warum sie
das alles tut. Warum backen nicht die Omas? Warum helfen die großen
Kinder nicht beim Putzen? Warum überlegen die Verwandten sich nicht
selbst, was sie schenken? Und warum besorgt der Mann nicht den
Weihnachtsbaum? Himmel, der Baum! Ohne die bissige Furie an der
Wohnungstür weiter zu beachten, eilt sie in ihre Wohnung zurück,
holt die Autoschlüssel? Wo bekommt sie nur jetzt noch einen Baum
her? Im Gartenfachhandel versucht sie es als erstes: Ausverkauft. Im
Baumarkt: Ausverkauft. Am Straßenrand sieht sie einen Händler, der
ein paar kümmerliche Tannen übrig hat. Nicht besonders schön, aber
Baum ist Baum! Der muss reichen!, sagt sie sich und bezahlt einen
völlig überteuerten Preis.
Zuhause angekommen, fallen ihr
die Plätzchen wieder ein. Die fehlende Zutat ist natürlich immer
noch … fehlend. In einem zweiten Versuch klingelt sie die anderen
Nachbarn durch, bis endlich jemand ein Herz für sie hat. Nun können
die Kekse endlich in den Ofen!, der die ganze Zeit lief... Was
soll's, rein damit, es ist keine Zeit für Zimperlichkeit.
Weihnachtsmorgen. Der Baum muss
aufgestellt und geschmückt werden. Das Schmücken übernehmen die
Kinder, die haben Spaß daran. Wenigstens eine Arbeit, die ihr
abgenommen wird. Aber die Lichterkette, damit können sie nicht
umgehen. Genauso wenig wie der Mann. Eingewickelt in Kabel und
leuchtende Birnen, findet sie ihn im Wohnzimmer vor. Er fleht sie an,
das zu übernehmen und sie lässt sich erweichen. Der Mann landet auf
dem Sofa, vor dem Fernseher natürlich. Und das Essen? Das musste
natürlich auch sie zubereiten! Bis die Verwandtschaft kommt, wird
sie doch nie fertig.
Und dann als alles auf dem Tisch
steht - sie stand vier Stunden in der Küche, um alles so
hinzubekommen -, wird es herunter geschlungen in Minuten, damit
möglichst schnell die Bescherung beginnen kann. Geschenke auspacken!
Und was gibt es? Einen Pulli, na toll... Der Traktor von Opa und die
neue Barbie sind viel schöner!
Der Rest des Abends verläuft
ruhig. Die Kinder gehen bald ins Bett und die Erwachsenen unterhalten
sich ausgelassen, trinken etwas Wein oder Sekt und lachen viel. Doch
wirklich genießen kann sie das nicht. Denn sie muss an den
Feiertagen arbeiten. Gastronomie. Die Verwandtschaft würde zum Essen
kommen. Und sie musste bedienen. Wie schon heute. Wie eigentlich
immer.
Völlig erschöpft fiel sie in
ihr Bett, froh, dass bald alles vorbei sein würde.
Ja, wohl war,bei manchen ist Weihnachen so.Bei uns zwar ganz anders, aber ja.Manche gehen es locker an, dann kochen die die Lust haben mit denen die es können, dann schmücken die Kinder mit der Oma oder sie macht was anderes.Da heißt es nicht gleich , da muss ein Baum hin,sondern:Brauchen wir einen?Weihnachten ist stressig und schön:Stressschön halt.Jeder feiert und organisiert anders.Fröhliche Weihnachten euch allen, ganz egal wie ihr zu einem schönen Fest kommt!
AntwortenLöschenDie Geschichte war tatsächlich ein wenig inspiriert von dem typischen Weihnachtsstress zu meiner Kindheit. Es tat mir immer unendlich leid, dass alles irgendwie an meiner Ma hängen hängen blieb, als ich alt genug war, das zu realisieren. Und irgendwann entstand diese kleine Geschichte.
LöschenAndererseits finde ich es immer unwahrscheinlich schön, zu sehen oder hören, dass es eben auch besinnlich und friedlich geht und man die Adventszeit auch genießen kann. Ich freue mich für jede Familie, in der das so klsppt.